Die Maori-Prinzessin by Laura Walden

Die Maori-Prinzessin by Laura Walden

Autor:Laura Walden
Die sprache: deu
Format: mobi, epub, azw3
ISBN: 9783838724454
Herausgeber: Lübbe Digital (Bastei Lübbe GmbH & Co. KG, Köln)
veröffentlicht: 2013-04-18T22:00:00+00:00


NAPIER, FEBRUAR 1931

Der Sommer zeigte sich noch immer von seiner allerbesten Seite. Der blaue Himmel und die strahlende Sonne passten gar nicht zu der Stimmung, die über dem katholischen Friedhof schwebte. Lucie war nicht die Einzige, die an diesem Tag einen Toten zu bestatten hatte.

Ganz in ihrer Nähe fand die Bestattung von Doktor Thomas statt. Für Lucie hatte es keine Frage gegeben, Joanne im Familiengrab beizusetzen. Dort lagen auch Tom, Tommy und Joannes erster Mann John. Bereits vor dem Wissen um das, was Doktor Thomas kurz vor dem Erdbeben im Wirtschaftsraum versucht hatte, war es für sie keine Frage gewesen, dass dies Joannes Platz war. Nur hatte Lucie nie im Leben damit gerechnet, dass ihre Adoptivtochter vor ihr gehen würde.

Eva fröstelte. Das lag aber nicht an dem kühlenden Schatten, den ein Baum ihnen spendete, sondern an der Tatsache, dass Berenice plötzlich sagte: »Ich bin gleich wieder da. Drüben wird der Doktor beerdigt. Ich werde ihm die letzte Ehre erweisen.«

Harakeke, Lucie, Hariata und Eva blickten einander ungläubig an. Wie so oft in den letzten Tagen fragte sich Eva, ob die Geschichte von der versuchten Vergewaltigung nur Berenices Fantasie entsprungen war oder ob sie das Geschehen einfach verdrängte?

Eva neigte zur zweiten Erklärung, weil die Indizien für einen versuchten Übergriff sprachen. Solche Druckstellen konnten nur entstehen, wenn jemand versuchte, mit Gewalt die Beine einer Frau zu spreizen. Da war sich Harakeke ganz sicher. Was überdies dafür sprach, war die Tatsache, dass Berenice Eva den Übergriff schließlich genauestens geschildert hatte.

Wie konnte sie dann freiwillig zum Grab ihres Peinigers gehen? Eva vermutete, dass es ihr mehr darum ging, Daniel, der nichts von alledem ahnte, beizustehen. Eva hatte ihn noch gar nicht zu Gesicht bekommen, aber da er ganz allein von seinem Vater Abschied nahm, hatte Lucie ihn gebeten, zum Essen zu ihnen zu kommen.

Lucie hatte eigentlich auch Adrian symbolisch zu Grabe tragen wollen, denn von ihm gab es immer noch keine Spur. Für Lucie gab es keinen Zweifel mehr, dass er zu den Opfern der Katastrophe gehörte, deren Körper einfach zermalmt worden war. Eva aber weigerte sich, Adrian aufzugeben. Ja, sie bestand sogar darauf, dass sie als seine Frau die Entscheidungsgewalt hatte. Er lebt, behauptete sie vehement und ließ keinen Widerspruch zu. Unterstützung hatte sie bei Harakeke gefunden. Wartet ein halbes Jahr, dann könnt ihr ihn immer noch beerdigen, hatte sie Lucie geraten, denn sie ahnte auch, warum Lucie so überhastet Abschied nehmen wollte: Adrians Tod traf sie tiefer, als sie zugeben wollte. Er war für sie schon seit seiner Kindheit ein zweiter Tommy gewesen. Er ähnelte ihrem Sohn vom Wesen her verblüffend.

Eva stand mit versteinerter Miene am Grab ihrer Tante Joanne. Tränen flossen keine mehr. Die hatte sie in den vergangenen zwei Wochen um Adrian vergossen. Sie war nicht müde geworden, in jedes Krankenhaus zu gehen, das Erdbebenopfer aufgenommen hatte. Sogar nach Auckland war sie gefahren in der Hoffnung, man könne ihn mit einem der Schiffe dorthin transportiert haben. Alles vergeblich!

Abrupt wandte sich Eva von dem Grab ab und ließ den Rest der priesterlichen Ansprache an sich abprallen.



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